Montag, 12. Juni 2017

Armeleutehäuser

Dies ist ein Übersetzungsprojekt Der englische Text des Buches findet sich hier.

Der Weiler lag auf einer leichten Erhebung im flachen mit Weizenfeldern bedeckten Nordosten Oxfordshires. Wir nennen ihn Lark Rise, wegen der vielen Lerchen, die die Felder ringsum zu ihrem Startplatz machten und auf der bloßen Erde zwischen den Reihen grüner Halme nisteten.
Ringsum war überall der feste, tonartige Boden der Äcker, braun und offen dem Wind ausgesetzt während acht der zwölf Monate des Jahres. Der Frühling ließ eine Fülle grünen Weizens und Veilchen unter den Hecken und Weidenkätzchen am Rande des Baches am Ende der Hundert Äcker sprießen. Doch nur ein paar Wochen im Sommer war die Landschaft wirklich schön. Dann wogten die reifen Kornfelder bis an die Schwellen der Häuser und der Weiler wurde zu einer Insel in einem tiefgoldenen Meer.

Einem Kind musste es so erscheinen, als wäre es immer so gewesen, aber Pflügen, Säen und Ernten waren hier noch neu. Alte Männer konnten sich noch daran erinnern, dass die Gegend um Lark Rise eine mit Wachholder und Ginster bedeckte Heide war - Gemeindeland. Erst nach den Einhegegesetzen war sie unter den Pflug gekommen. Manche der Alten besaßen noch Häuser, die ihren Vätern als Siedlereigentum zugekommen waren, und wahrscheinlich gehörten alle diese Grundstücke, auf denen die Häuser standen, ihren Besitzern nach gleichem Recht. In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts bestand der Weiler aus etwa dreißig Häusern und einem Wirtshaus, die nicht in einer Reihe, sondern wie in einem Haufen zusammen standen. Ein stark ausgefahrener Weg umgab das Ganze, und die einzelnen Häuser und Hausgruppen waren durch ein Netz von Pfaden miteinander verbunden. Von einem Teil des Weilers zum anderen zu gehen, nannte man "um den Rise" gehen. Und der Plural von Haus war nicht Häuser, sondern Hausen. Der einzige Laden war ein kleiner Kramladen hinten in der Küche der Gastwirtschaft. Kirchen und Schule waren im benachbarten Dorf, das eine halbe Meile entfernt lag.

An einer Stelle passte sich der Rundweg ums Dorf der Straße an, die, als die Heide in Felder aufgeteilt wurde, angelegt worden war, um das Nachbardorf und die dahinter liegenden Dörfer mit Oxford zu verbinden. Vom Weiler aus führte sie in der einen Richtung zu Kirche und Schule, in der anderen zur Hauptstraße oder zur Mautstraße, wie sie noch genannt wurde, und so zu der Marktstadt, wo der Samstagseinkauf (Wochenendeinkauf) stattfand. Doch die Straße hatte wenig Verkehr. Gelegentlich ein Leiterwagen voll mit Säcken oder rechteckigen Heubündeln, ein Bauer zu Pferde oder in seinem Karren, der kleine weiße Wagen des Bäckers, eine Gruppe von Jägern und eine Kutsche mit Landadligen, die Nachmittagsbesuche machten, das war schon alles. Keine Motoren, keine Busse und nur selten einmal ein Hochrad. Wenn mal ein Radfahrer vorbei kam, kamen die Leute noch aus der Tür, um ihn genau sehen zu können.

Einige der Häuser waren mit Ried gedeckt und hatten weiße Wände und Butzenscheiben. Aber die meisten waren Feldstein- oder Backsteinkasten mit blauen Schieferdächern. Die älteren Häuser stammten noch aus der Zeit vor den Einhegungen und wurden von den Nachkommen der ursprünglichen Siedler bewohnt, die inzwischen ihrerseits schon recht alt waren. Ein altes Paar besaß einen Eselskarren, mit dem sie ihr Gemüse, Eier und Honig zum Markt brachten und den sie manchmal für Sixpence pro Tag an ihre Nachbarn ausliehen. Ein Haus wurde von einem Gutsverwalter bewohnt, von dem es hieß, dass er sich ein "gut gepolstertes Nest" geschaffen hatte. Ein anderer Mann besaß und bearbeitete etwa einen halben Hektar Land. Diese beiden und der Wirt sowie ein Steinmetz, der täglich die drei Meilen zur Stadt zurücklegte, waren die einzigen, die nicht als Landarbeiter beschäftigt waren.

Einige der Häuser hatten zwei Schlafzimmer, andere nur einen, dann wurde er durch einen Wandschirm oder einen Vorhang aufgeteilt, um Eltern und Kinder unterbringen zu können. Die älteren Söhne (einer Familie) schliefen oft im Erdgeschoss oder bei einem Ehepaar, dessen Kinder bereits das Haus verlassen hatten. Mit Ausnahme von Urlaubszeiten brauchten keine älteren Mädchen untergebracht zu werden, weil die alle auswärts als Dienstmädchen arbeiteten. Auch so war der Platz oft knapp, denn es wimmelte geradezu von Kindern, acht, zehn Kinder und in manchen Familien noch mehr. Und obwohl sie selten alle zusammen zu Hause waren - die ältesten waren oft schon verheiratet, bevor das jüngste geboren war, standen Betten und Notlager oft so nah nebeneinander, dass man, um in sein Bett zu gelangen, über ein anderes darüber steigen musste.

In fast allen Häusern gab es im Erdgeschoss nur einen Raum. Und viele davon waren ärmlich und schmucklos, nur mit einem Tisch und wenigen Stühlen und Hockern und einem alten Kartoffelsack als Kaminvorleger. Andere waren angenehm und gemütlich mit Schränken voller Geschirr, Polsterstühlen, Bildern an den Wänden und selbstgefertigten Teppichen in freundlichen Farben. Dorst standen auch Geranientöpfe, Fuchsien und wohlriechenden Moschuspflanzen auf den Fensterbänken. In den älteren Häusern standen alte Standuhren, Tische im Biedermeierstil und einiges Zinngeschirr aus der Zeit, als es der Landbevölkerung noch besser ging.

Die Einrichtung unterschied sich je nach Zahl der Münder, die es zu stopfen gab, und nach Energie und Geschick der Hausfrau bzw. ihrem Mangel daran. Aber das Haushaltseinkommen war bei allen völlig gleich, denn 10 Schilling pro Woche war der übliche Lohn für Landarbeiter der Zeit in dieser Gegend. 

Wenn man den Weiler aus der Ferne betrachtet hätte, wäre ein Haus als etwas abgesondert erschienen, so als ob es kurz davor wäre, in die Felder davon zu laufen. Es war ein kleines graues Steinhaus mit Rieddach, einer grün gestrichenen Tür und einem Pflaumenbaum an einem Spalier unter dem Dachvorsprung. Es wurde das "Endhaus" genannt und war das Haus des Steinmetzes mit seiner Familie. 

Am Beginn des Jahrzehnts gab es zwei Kinder: Laura mit drei Jahren und Edmund, der anderthalb Jahre jünger war. In mancher Hinsicht waren diese Kinder, als sie klein waren, weit besser dran als die Nachbarskinder. Ihr Vater verdiente etwas mehr Geld als die Landarbeiter. Ihre Mutter war Kindermädchen gewesen und sie sorgte gut für sie. Sie lernten, sich gut zu verhalten, wurden spazieren geführt, sie bekamen Milch und wurden regelmäßig samstags gebadet. Und nach dem Abendgebet "Lieber Jesus" wurden sie mit einem Pfefferminz- oder Gewürznelkenbonbon zum Lutschen ins Bett gebracht. Sie hatten auch bessere Kleidung, denn ihre Mutter hatte Geschmack, war geschickt im Nähen und hatte besser gestellte Verwandte, die ihnen Kleidung, die zu klein geworden war, schickten. Die anderen Kinder hänselten das kleine Mädchen wegen der Spitzen an ihren Unterhosen und machten ihr das Leben so schwer, dass sie sie einmal auszog und in einem Heuschober versteckte.

Das erste, was vom Lohn der Landarbeiter bezahlt werden musste, war die Miete für das Haus. Die meisten Häuser gehörten kleinen Geschäftsleuten in der Stadt, und die wöchentliche Miete betrug zwischen ein Schilling und einer halben Krone. Einige Landarbeiter arbeiteten für Güter, bei denen die Häuser mietfrei waren, aber die Leute vom Ort neideten ihnen das nicht, denn "ist doch klar", sagten sie, "sie müssen tun, was ihnen befohlen wird, oder sonst heißt es raus mit allem, Menschen, Sack und Pack." Ein Schilling und sogar zwei Schilling pro Woche war ihnen nicht zu teuer für die Freiheit, zu leben und zu wählen, wie sie wollten, und zur Kirche oder Kapelle oder zu keiner von beiden zu gehen, ganz wie sie wollten.

Jedes Haus hatte einen gut geführten Gemüsegarten und es gab für alle Parzellen, aber nur drei der dreißig Cottages hatten ihre eigene Wasserversorgung. Die weniger begünstigten Bewohner bezogen ihr Wasser aus einer Quelle auf einem aufgelassenen Grundstück außerhalb des Weilers, von dem das Cottage verschwunden war. Es gab keine öffentliche Quelle oder Pumpe. Sie mussten ihr Wasser irgendwie und irgendwoher bekommen. Die Eigentümer kümmerten sich nicht um die Wasserversorgung.

An der Wand jedes gut geführten/gehaltenen Hauses stand eine geteerte oder grün gestrichene Wassertonne, die zum Auffangen und Aufbewahren des Regenwassers vom Dach diente. Das ersparte viele Wege mit Eimern zum Brunnen, da es fürs Saubermachen, für die Wäsche und zum Gießen kleiner wertvoller Pflanzen im Garten genutzt werden konnte. Es wurde auch für die Morgentoilette verwendet, und die Frauen pflegten die letzten Reste fürs Waschen von sich und den Kindern aufzuheben. Denn Regenwasser galt als gut für den Teint, und wenn sie auch kein Geld für ihre Schönheit ausgeben konnten, so waren sie doch nicht so schlecht dran, dass die Mittel, die sie für Schönheitspflege hatten, vernachlässigt hätten.

Um Trinkwasser zu holen - und wenn die Wassertonne nichts mehr hergab auch für das Waschwasser - gingen die Frauen bei jedem Wetter zum Brunnen, zogen die Eimer mit einer Winde herauf und schafften sie mit einer Schultertrage nach Hause. Es waren anstrengende Wege fürs Wasserholen 'durch den Weiler'. Sie machten of Pausen und endlos war der Tratsch, wenn sie mit ihren großen weißen Schürzen und den Schultertüchern an den Ecken standen. ...

Die einzigen sanitären Einrichtungen, die es im Ort gab, waren entweder in bienenkorbartigen Hüttchen am Ende des Gartens oder in einer Recke des Holz- und Werkzeugschuppens untergebracht. Es war noch nicht einmal ein Erdklosett, sondern nur eine tiefe Grube mit einem Sitz darüber. Wenn die Grube halbjährlich geleert wurde, wurde jede Tür und jedes Fenster der Nachbarschaft fest verschlossen gehalten. Aber die Schornsteine konnte man nicht verschließen! 

Wie diese Klosetts beschaffen waren, das sagte sehr viel über den Charakter der Besitzer aus. Manche waren schreckliche Löcher, andere waren halbwegs anständig und manche - und zwar gar nicht wenige - wurden sehr ordentlich gehalten. Der Sitz wurde schneeweiß geschrubbt und der Backsteinfußboden gescheuert. Eine alte Frau ging so weit, einen Text aufzuhängen "Du Gott siehst mich." Das musste ein viktorianisches Mädchen, dem man beigebracht hatte, dass es nicht einmal gesehen werden dürfe, wenn es sich der Tür näherte, in äußerste Verlegenheit bringen. 

An anderen dieser Orte waren sanitäre Grundsätze mit Bleistift oder gelber Kreide auf die weiß getünchten Wände geschrieben. Die meisten waren ganz vernünftig und auch gut gereimt, aber die wenigsten eigneten sich dafür gedruckt zu werden. Ein kurzer, kerniger Spruch mag passieren: 'Iss gut, arbeite gut, schlaf gut und ... gut, jeden Tag.'

Hinter oder neben jedes Haus war ein Schweinestall angebaut, und der Haushaltsabfall wurde nebendran auf einen Haufen geworfen, der die "Miste" hieß. Der lag so, dass die Brühe des Schweinestalls dorthin abfließen konnte. Auch der Mist aus dem Schweinestall wurde dorthin geworfen, wenn der Stall gesäubert wurde, und das Ganze bildete einen hässlichen, stinkenden Schadfleck ganz in der Nähe des Fensters. 

"Der Wind kommt von da und da her", sagte manche Frau im Haus, "ich kann die Miste riechen." Und oft wurde sie dann an den Spruch erinnert: "Schwein für die Gesundheit". Oder man sagte ihr, das sei ein gesunder Geruch.

In einem Sinne war es ein gesunder Geruch, denn ein gut gemästetes Schwein im Stall versprach einen guten Winter. Während es lebte, war das Schwein ein wichtiges Familienmitglied. Über seinen Gesundheitszustand wurde den auswärtigen Kindern regelmäßig gemeinsam mit dem von Brüdern und Schwestern berichtet. Männer, die sonntagnachmittags zu Besuch kamen, wollten nicht die Familie sehen, sondern das Schwein. Und dann standen sie eine Stunde lang zusammen mit seinem Besitzer am Schweinestall, kratzten dem Schwein den Rücken und lobten seine Qualitäten oder rümmpften über es kritisch die Nase. Für ein Ferkel, das entwöhnt war, wurden 10 - 15 Schilling bezahlt, und alle freuten sich über das Geschäft. Einige Männer schworen auf das Dilling, so wurde das kleinste Ferkel eines Wurfes genannt, und sagten, es sei klein und gut und würde bald aufholen; andere gaben lieber ein paar Schillinge mehr für ein größeres Ferkel. 

Das Familienschwein war jedermanns Stolz und jedermanns Sache. Die Mutter verbrachte Stunden damit, kleine Portionen zu kochen, mit denen die Brühe des Familienessens für die Abendmahlzeit des Schweins angedickt wurde, um die Ausgabe für die teure Gerste zu sparen. Die Kinder brachten vom Heimweg aus der Schule Arme voll mit Saudisteln, Löwenzahn und ausgesuchtem langem Gras mit oder sammelten an feuchten Abenden Schnecken von den Hecken in den Eimer, um das Schwein für den Abend zu versorgen. Die fraß das Schwein mit Genuss. Der Vater säuberte nicht nur den Stall, sorgte für die Streu und kümmerte sich um die Gesundheit des Schweines, sondern er verzichtete sogar auf sein abendliches Bier, wenn gegen Ende des Monats der Aufwand für die Futtergerste so hoch wurde, dass er jedem Angst einjagte. 

Wenn das wöchentliche Einkommen nicht mehr dazu ausreichte, genügend Futter zum Mästen zu beschaffen, wurde manchmal mit dem Bäcker oder Müller ein Abkommen getroffen, dass man anschreiben dürfe und er dafür nach dem Schlachten mit Fleisch ausbezahlt würde. Eher öfter als seltener war das Fleisch des Schweins schon zur Hälfte beliehen. Und es war gar nicht unüblich, dass eine Frau sagte: "Bis Freitag werden wir, so Gott will, ein halbes Schwein schlachten", so dass der Uneingeweihte meinen mochte, die andere Hälfte liefe noch im Stall herum. 

Manche Familien schlachteten so zwei halbe Schweine, andere ein ganzes oder sogar zwei, und das Fleisch versorgte sie mit Schinken für den Winter oder noch darüber hinaus. Frisches Fleisch war ein Luxus, den man nur sonntags und in wenigen Häusern antraf, wenn für sechs Penny Fleisch eingekauft wurde, um daraus Fleischpastete zu machen. Wenn einmal am Sonnabend ein kleines Stück Fleisch ergattert werden konnte, dann bieten die, die kein Ofenrost hatten, es an einem Draht aufgehängt vor dem Feuer, wobei eines der Kinder den Bratenwender machen musste. Oder es wurde im Topf gebraten. Dafür wurde das Fleisch mit etwas Schmalz oder anderem Fett in einen Eisenbräter getan und über dem Feuer gut in Bewegung gehalten. Aber alles in allem, sagten sie, ging nichts über die "Kröte" (toad). Dafür wurde das Fleisch ganz mit Talg bedeckt und gut durchgebraten. So blieb der köstliche Fleischsaft im Braten und sorgte für eine gute Pastete. Wenn irgendjemand Bessergestelltes ihnen einen Tipp geben wollte, sagten die Frauen meist: "Sag uns, wie wir an die Zutaten kommen. Das Kochen besorgen wir dann schon.!" Und das konnten sie wirklich. 

Wenn das Schwein fett war - je fetter, desto besser -, musste über den Schlachttermin entschieden werden. Der musste bei zunehmendem Mond sein, denn, wenn das Schein bei abnehmendem Mond geschlachtet würde, dann würde der Schinken beim Kochen schrumpfen, und sie wollten, dass er aufginge. Das Nächste war, den reisenden Schweinemetzger zu bestellen. Da er tagsüber Dachdecker war, schlachtete er immer im Dunkeln. Die Szene war dann mit Laternen und einem großen Strohfeuer erhellt, das zu einem späteren Stadium zum Absengen der Borsten gebraucht wurde. 
Das Schlachten war ein geräuschvolles, blutiges Geschäft. Dabei wurde das Tier eine Bank hochgezogen, damit es gut ausbluten könne und so die Fleischqualität erhalten bleibe. Diese Arbeit missglückte oft, so dass das Schwein entkommen konnte und gejagt werden musste. Die Leute vom Land von damals hatten freilich wenig Mitgefühl für das Leiden von Tieren, und Männer, Frauen und Kinder kamen zusammen, um das Schauspiel zu genießen. Wenn der Kadaver abgesengt war, ging der Fleischer daran, abzuziehen, was ging, so die Hufe der Zehen, und es den Kindern zuzuwerfen, die sich darum balgten und sie dann abnagten und auslutschten, so dreckig und rußgeschwärzt vom Feuer, wie sie waren. 

Der ganze Anblick, mit Dreck und Blut, flackerndem Licht und dunklen Schatten war so wild wie irgendetwas im afrikanischen Dschungel. Die Kinder des Endhauses kamen aus ihren Betten und sahen aus dem Fenster. "Guck! Guck! Das ist die Hölle und die da sind die Teufel", konnte Edmund dann flüstern und auf die Männer zeigen, die das brennende Stroh mit ihren Mistgabeln zur Seite warfen. Doch Laura wurde traurig und kroch zurück in ihr Bett und weinte: Ihr tat es leid um das Schwein.
Aber es gab, den Kindern verborgen, noch einen anderen Aspekt des Schweineschlachtens. In dieser Nacht wurden Monate harter und entbehrungsvoller Arbeit zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Es war Anlass zur Freude, und sie genossen es. Es gab reichlich Bier und die erste Mahlzeit vom in der Pfanne brutzelnden Schweinefleisch. 

Am nächsten Tag, wenn das Schwein aufgeteilt war, wurden Bratenstücke an die Nachbarn verteilt, die einen bei ihrer Schlachtung ebenso versorgt hatten. Kleine Teller mit Gebratenem und anderen Kleinigkeiten ließ man anderen aus Artigkeit zukommen, und niemand, der gerade krank und unglücklich war, wurde bei diesen Gelegenheiten jemals vergessen. 
Dann ging die Hausfrau "ran an den Speck", wie sie sagte. Schinken und Speckseiten wurden gesalzen, später dann aus der Salzlake geholt und an der Wand nahe am Kamin aufgehängt. Fett wurde abgeschieden, Schweinswürste gekocht, und nach altem Brauch wurden die Därme gesäubert und drei Tage in fließendem Wasser gewendet. Es war eine arbeitsame Zeit, aber eine glückliche, wenn der Schmalztopf voll war und man genug hatte, davon etwas abzugeben mit all dem Stolz und all der Wichtigkeit, die solche Besitztümer einem gaben. 
Am folgenden Sonntag war dann das eigentliche Schlachtfest, wenn Väter und Mütter, Schwestern und Brüder, verheiratete Kinder und Enkel, die in fußläufiger Entfernung wohnten, zum Festessen eintrafen. 
Wenn das Haus keinen Backofen hatte, holte man sich von einem alten Paar in einem der riedgedeckten Cottages die Erlaubnis, den großen Brotbackofen in dem Waschhaus anzuheizen. Der war wie ein großer Schrank mit einer Eisentür und war mit Backsteinen ausgemauert und reichte tief in die Wand hinein. Dann wurden Reisigbündel angezündet und die Tür geschlossen, bis der Ofen richtig heiß war. Dann wurde die Asche herausgekehrt und dann Bratentöpfe mit Bratenstücken, Kartoffeln, Schlagteig und manchmal ein oder zwei Kuchen hinein geschoben und dann gebacken, ohne dass man sich weiter darum kümmerte. 
Inzwischen wurden zu Hause drei oder vier Gemüsesorten gekocht und immer ein Fleischkäse in einer großen Schüssel zubereitet. Kein Fest und nur wenige Sonntagsessen wurden ohne dies Gericht als vollständig angesehen. Und es wurde ganz für sich gegessen ohne Gemüse. 
An Wochentagen gab es einen Pudding (Rollkuchen) mit Früchten, Rosinen oder Marmelade. Aber es gab ihn dann als ersten Gang. Der Sinn war, dass der erste Hunger gestillt werden sollte. Am Schlachtfest gab es keine Süßspeise, denn die hätte man ja auch sonst haben können. Und wer hätte Lust auf Süßes gehabt, wenn man doch so viel Fleisch bekommen konnte!

Aber diese großartige Fülle gab es nur ein- oder höchstens zweimal im Jahr, und da gab es doch noch die anderen Tage, für die man sorgen musste. Wie konnte man das bei 10 Schilling in der Woche schaffen? Nun, zum einen waren die Lebensmittel damals billiger als heute. Und dann wurden als Ergänzung zu dem Speck alle Gemüse, auch die Kartoffeln, zu Hause im Überfluss angebaut. Die Männer waren sehr stolz auf ihre Gärten, und es gab stets einen Wettbewerb zwischen ihnen, wer das Früheste und Auserlesenste der jeweiligen Sorte hatte. Große grüne Erbsen, dicke Bohnen so groß wie die half-penny-Münzen, Blumenkohl, aus dem man einen Lehnsessel für ein Kind hätte herausschnitzen können. Stangenbohnen, Weiß- und Grünkohl, alle kamen in ihrer Saison in den Topf zusammen mit einem Streifen Speck.

Und außerdem aßen sie viel Grünzeug, alles selbst gezogen und frisch geerntet, Salat, Rettich, Frühlingszwiebeln mit Perlzwiebelköpfen und Schlotten wie feines Gras. Ein paar Scheiben Brot mit hausgemachtem, mit Rosmarin gewürztem Schmalz „gingen gut runter“, wie sie es sagten. 

Brot mussten sie kaufen und das war ein dicker Brocken, wenn es viele Kinder zu ernähren galt. Aber Mehl für den täglichen Pudding und gelegentlich einen einfachen Kuchen konnte für den Winter eingelagert werden, ohne dass es Geld kostete.
Nach der Weizenernte schwärmten die Frauen und Kinder über die Stoppelfelder aus, um die Ähren zu lesen, die der Rechen des Bauers übrig gelassen hatte. Nachlese oder Leazing, wie sie es nannten.
Hin und her eilten sie immer wieder über die Stoppeln, mit gekrümmtem Rücken, die Augen an den Boden geheftet, die eine Hand ausgestreckt, um die Ähren aufzulesen, die andere die gesammelte „Handvoll“ auf dem Rücken haltend. Wenn sie damit fertig waren, wurde die Ausbeute mit einem Strohwisch zusammengebunden und mit anderen zusammen bei der Wasserkanne und dem Esskorb in einer Doppelreihe aufgestellt, wie die Bauern ihre Garben zusammenstellten. 
Es war eine harte Arbeit vom frühsten Morgen bis zum Einbruch der Dunkelheit mit nur zwei kurzen Erfrischungspausen, aber die Ähren türmten sich, und eine Frau mit vier oder fünf kräftigen, konzentriert arbeitenden Kindern konnte jeden Abend eine ganz schöne Ladung auf dem Kopf nach Hause tragen. Und sie genossen die Arbeit, denn unter dem blassblauen Augusthimmel war es angenehm auf den Feldern mit dem Klee, der zwischen den Stoppeln hervorkam, und den Hecken, aus denen Hagebutten und - federartig -Clematis hervorleuchteten. Wenn die Pausen kamen, pflegten die Kinder in den Hecken nach Wildäpfeln und Schlehen zu suchen oder Pilze zu sammeln, während die Mütter sich zurücklehnten und ihre Babys stillten, ihren kalten Tee tranken und schwätzten oder dösten, bis es Zeit war, wieder an die Arbeit zu gehen.
Am Ende der zwei, drei Wochen, die die Lese dauerte, drosch man das Korn zu Hause und brachte es zum Müller, der sich für das Mahlen bezahlt machte, indem er einen Teil des Mehles für sich behielt.
Groß war die Freude, wenn in guten Jahren ein, zwei Scheffel (36,35 Liter) und in großen, fleißigen Familien sogar noch mehr zusammenkamen. 
Der mehlbestäubte weiße Sack wurde oft eine Zeit lang auf einem Stuhl im Wohnzimmer ausgestellt, und es war ein Brauch, Vorübergehende einzuladen, hereinzuschauen und sich unser kleines Ergebnis der Ährenlese anzusehen. Sie liebten es, das Produkt ihrer Arbeit vor Augen zu haben und es andere bewundern zu lassen, ganz wie ein Künstler ein Bild ausstellt oder ein Komponist sein Musikstück gern aufgeführt sieht. „Die sind besser als ein Ölgemälde“, sagte mancher Mann über seine Speckseiten an der Wand. Und die Frauen dachten dasselbe von ihrer Ernte beim Ährenlesen. 
Das waren also die drei Hauptbestandteile der einen warmen Hauptmahlzeit am Tage: Eine Scheibe Speck von der Speckseite, Gemüse aus dem Garten und Mehl für den Rollkuchen (roly-poly). 
Diese Mahlzeit, Tee genannt, wurde abends eingenommen, wenn die Männer vom Feld zurückkamen und die Kinder aus der Schule. Denn beide konnten zu Mittag nicht nach Hause kommen. 
Etwa um 4 Uhr kam dann Rauch aus den Schornsteinen, denn das Feuer wurde angemacht und der große eiserne Topf oder der Dreifuß wurde an den Haken der Kaminkette gehängt. Alles wurde in diesem Topf gekocht, die Speckscheibe, die nicht größer war, als dass jeder einen Kosthappen davon bekommen konnte, der Kohl oder das andere Gemüse in einem Netz, Kartoffeln in einem anderen, der Rollkuchen in ein Tuch eingewickelt. 
Im Zeitalter von Gas- und Elektroherd erscheint das als eine ziemlich chaotische Methode, aber sie erfüllte ihren Zweck. Denn wenn man den Zeitpunkt, wann man was hinein tat, genau plante und den Siedezustand des Topfes gut kontrollierte, blieb alles in Form, und es entstand ein appetitanregendes Mahl. Das Wasser, worin das Essen gekocht worden war, die Kartoffelschalen und andere Gemüseabfälle bekam das Schwein.
Wenn die Männer von der Arbeit nach Hause kamen, fanden sie den Tisch mit braun-weißem Tischtuch gedeckt vor, darauf Messer und zweizinkige Stahlgabeln mit Horngriffen. Das Gemüse war in große gelbe Keramikschüsseln gefüllt und der Speck gewürfelt, wobei bei weitem der größte Brocken auf dem Teller des Vaters lag, und dann setzte sich die Familie zur Hauptmahlzeit des Tages nieder. Freilich, nur selten fanden alle am gemeinsamen Tisch Platz, doch einige kleinere Kinder konnten auf Hockern sitzen und die Sitzfläche eines Stuhls als Tisch nutzen oder auf der Türschwelle mit ihren Tellern auf dem Schoß. 

Die Tischmanieren waren meist gut. Die Kinder bekamen ihr Essen ausgeteilt, es gab kein Mäkeln und Heraussuchen der besten Stücke, und es wurde erwartet, dass sie still aßen. "Bitte" und "Danke" waren erlaubt, aber nicht mehr. Vater und Mutter konnten sprechen, wenn sie wollten, doch in der Regel waren sie damit zufrieden, sich darauf zu konzentrieren, das Mahl zu genießen. Der Vater konnte schon mal die Erbsen mit dem Messer in den Mund schaufeln und die Mutter den Tee aus der Untertasse trinken und einige der Kinder konnten ihren Teller ablecken, wenn alles gegessen war; aber wer konnte schon Erbsen mit einer zweizinkigen Gabel essen oder abwarten, bis der Tee nach all der Hitze und Hektik der Kochens abkühlte. Und das Ablecken des Tellers konnte als dankbares Kompliment für die Kochkunst der Mutter durchgehen. "Dank für mein Essen. Dank Vater und Mutter. Amen" war das Gebet in einer Familie und es hatte sicher den Vorzug, dass es dem die Ehre gab, dem sie zukam. 
Die anderen Mahlzeiten bestanden weitgehend aus Brot und Schmalz, zusammen mit allem, was gerade noch zur Verfügung stand. Frische Butter war zu teuer, als dass man sie täglich hätte essen können, aber manchmal wurde im Sommer ein Pfund gekauft, wenn es für 10 Penny zu haben war. Margarine, die damals "Butterrein" hieß, gab es schon zu kaufen, doch war sie wenig in Gebrauch, da die meisten Schmalz vorzogen, besonders wenn es das hausgemachte mit Rosmarinblättern gewürzte war. Im Sommer gab es immer viel Grünzeug und hausgemachte Marmelade, so lange sie vorhielt, und manchmal ein oder zwei Eier, wenn Geflügel gehalten wurde oder es sie gerade günstig zwanzig pro Schilling gab. 

Wenn es nur Brot und Schmalz gab, dann strichen die Männer Senf auf ihre Scheiben, und die Kinder etwas schwarzen Sirup aufgestrichen oder braunen Zucker aufgestreut. Manche Kinder, die es vorzogen, bekamen einen Brothappen, der in kochendes Wasser eingetaucht, abgetropft und dann mit Zucker bestreut war.

Milch war ein seltener Luxus, da sie vom anderthalb Meilen entfernten Gut geholt werden musste. Sie kostete nicht viel. Ein Penny pro Krug oder Kanne, unabhängig von der Größe. Es war natürlich Magermilch, aber die Sahne war nur von Hand abgeschöpft, so dass noch ein kleiner Anteil davon in der Milch enthalten war. Ein paar Familien holten täglich Milch, aber viele kümmerten sich nicht darum. Die Frauen sagten, sie zögen klaren Tee vor, und dass Kinder Milch brauchten, schien niemandem in den Sinn zu kommen. Manche bekamen nie welche von der Zeit, wo sie abgestillt wurden, bis sie das Haus verließen. Aber sie waren kräftig gebaut, rotbäckig und voll von Leben und Schabernack. 
"Armut schändet nicht, aber sie ist sehr unbequem" war ein üblicher Spruch bei den Leuten von Lark Rise. Aber das war viel zu milde ausgedrückt, denn ihre Armut war ein schweres Hindernis, das sie hinderte, voranzukommen. Jeder hatte genug zu essen und eine Unterkunft, mit der sie zufrieden waren, obwohl sie weit hinter heutigen Erwartungen zurückblieb. Kohle für einen Zentner (50,8 kg) und ein Pint Parrafin für Beleuchtung musste vom Wochenlohn aufgebracht werden, aber für Schuhe, Kleider, Krankheit, Urlaub, Freizeitunternehmungen und Neuanschaffungen war nichts vorgesehen. Wie kamen sie zurecht?

Schuhe wurden oft von dem Extrageld gekauft, das die Männer während der Erntezeit erhielten. Wenn das gezahlt wurde, gab es in den glücklichen Familien, die nicht mit der Miete in Rückstand waren, für jedes Familienmitglied ein Paar, von den Nagelschuhen des Vaters bis zu den rosa Schühchen für das Baby. Dann gab es manche vorsorgende Hausfrau, die jede Woche ein paar Penny in die Schuhkasse beim Laden in der Marktstadt einzahlte. Das half, doch es war nicht genug, und die Sorge, wie man ein neues Paar Schuhe für 'unsern Ern oder Alf' bekommen sollte, kostete manche Mutter schlaflose Nächte. 
Mädchen brauchten auch Schuhe und gute feste mit Nägeln für die schlechten, schmutzigen Straßen, aber sie waren nicht wählerisch, irgendwelche Schuhe taten es auch. In einer Konfirmandenstunde, an der Laura teilnahm, fragte die Tochter des Geistlichen nach Wochen sorgfältiger Vorbereitung ihre Schülerinnen: "Nun, seid ihr sicher, dass ihr alle gründlich auf morgen vorbereitet seid? Gibt es irgendetwas, was ihr mich fragen wollt?" "Ja, Fräulein," piepste/hauchte da eine Stimme in der Ecke, "meine Mutter fragt, ob Sie ein paar alte Schuhe haben, die Sie mir geben könnten, denn ich habe keine, mit denen ich gehen könnte." Alice bekam bei dieser Gelegenheit ihre Schuhe, aber Konfirmation gab es nicht täglich. Freilich, Schuhe konnte man irgendwie bekommen, niemand lief barfuß, auch wenn manchmal Zehen aus den Schuhen hervorguckten. Kleidung zu bekommen war noch schwieriger. Familienmütter sagten manchmal ganz verzweifelt, sie müssten wohl ihren Hintern schwarz malen und nackt laufen. Ganz so weit kam es nie, aber es war schwer, anständig bedeckt zu bleiben, und das war schade, weil sie das, was sie "ein bisschen kleidsam" nannten, wirklich zu schätzen wussten. 
Dieser Geschmack wurde von dem, was Mädchen in der Schule aus dem Material, das sie vom Pfarrhaus erhielten, an Kleidungsstücken herstellten, nicht unterstützt: weite Blusen und Unterhosen mit weiten Beinen, die aus ungebleichtem Kattun bestanden, hervorragend genäht, aber ohne irgendeine Passform, grobe, feste Flanellunterröcke und Strümpfe aus Kammgarn, die beinah von selbst standen, auch ohne Beine darin. Doch sie wurden dankbar angenommen und hatten ihre Vorzüge, denn sie hielten jahrelang und der schmutzigweiße Kattun verbesserte sich beim Waschen. 
Für die Oberbekleidung mussten sie sich auf die Töchter, Schwestern und Tanten verlassen, die auswärts in Dienst waren. Sie alle schickten Päckchen, nicht nur mit ihren eigenen abgelegten Kleidungsstücken, sondern auch mit denen, die sie von ihren Herinnen erbetteln konnten. Die wurden getragen, geändert, gefärbt, gewendet, gestückelt und gestopft, so lange die Fäden zusammen hielten. 

Aber trotz Ihrer Armut und den Sorgen und Ängsten, die sie mit sich brachte, waren sie doch nicht unglücklich und, obwohl sie arm waren, gab es doch nichts Niedergedrücktes in ihrem Leben. "Je näher am Knochen, desto besser ist das Fleisch", sagten sie, und sie kamen sehr nah an den Knochen, an dem ihre Voreltern genagt hatten. Ihre Kinder und Kindeskinder mussten sich ganz auf das verlassen, was immer aus dem gemeinsamen Besitz für sie abfiel und für ihre Vergnügungen auf die Massenunterhaltungen der neuen Zeit. Aber für diese Generation gab es noch einen kleinen Nebenerwerb über den wöchentlichen Lohn hinaus. Sie hatten ihre Hausschlachtung, den Ertrag der Ährenlese, das kleine Stück mit Weizen oder Gerste in ihrem Hausgarten, ihre Kräuterkenntnis für ihre Hausmacherrezepte und die wilden Früchte und Beeren des Landes für Marmelade, Gelee und Wein, und um sie herum gab es als Teil ihres Lebens die letzten Reste des ländlichen Brauchtums und die letzten Echos von Liedern, Balladen und Reimspielen. Dieser Rest war zwar bescheiden, aber süß. 

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